Probleme zwischen Vereinen
und Schiedsrichter offen diskutiert - In dieser Saison besonders gravierend
Entnommen aus: Weißenburger
Tagblatt vom Do 30.10.03 von Uwe Mühling
BIESWANG - Die Fußballsaison
2003/04 ist bislang alles andere als wunschgemäß verlaufen:
Sportgerichtsfälle am laufenden Band, eine wahre Flut an Platzverweisen
(vor allem in der A-Klasse Süd) sowie zunehmende Aggressionen und
Gewaltbereitschaft auf den Fußball-plätzen kennzeichnen die aktuelle
Spielzeit fast mehr als sportliche Leistungen.
Was ist in dieser Situation nahe liegender, als sich
zusammenzusetzen und die Probleme anzusprechen? Im Jura Süden ist dies
jetzt beim so genannten "Fußball-Stammtisch" geschehen.
Vertreter der Schiedsrichtergruppe, Funktionäre aus ca. 25 Vereinen so-wie
Gruppenspielleiter Wilfried Kleemann diskutierten dabei im Sportheim der SF
Bieswang recht offen und sachlich die momentanen bzw. die generellen
Schwierigkeiten im diffizilen Verhältnis der Sportclubs zur Zunft der
Referees. Letztmals hatte es eine derartige Zusammenkunft 1994 in Wettelsheim
gegeben.
Kritik am arroganten Auftreten Klar war von
vorneherein, dass auch dieser neue Anlauf nicht der Weisheit letzten Schluss
bringen würde, doch zum besseren gegenseitigen Verständnis hat die
lockere Diskussionsrunde auf jeden Fall beigetragen. Mehrere Vereinsvertreter
nutzten die Gelegenheit, um vor allem das "arrogante Auftreten"
einiger Schiris zu beklagen. Des Weiteren ärgern sich Vereine oftmals über
nachträgliche Meldungen, wobei die Angaben einiger Referees teilweise sehr
einseitig, ungenau und mitunter auch schlichtweg unwahr seien. Viele Vereine
verspüren hier eine regelrechte Ohnmacht getreu dem Motto "Machen kann
man eh' nichts dagegen", wie es Thomas Archinger vom SV Cronheim
formulierte.
Schiedsrichterobmann Hans Jäger, der den Abend
initiiert hatte, zeigte durchaus Verständnis für die Vereine. Er
forderte die Funktionäre deshalb auf, entsprechende negative Vorfälle
bei ihm bzw. bei Wilfried Kleemann zu melden. "Wenn sich die Beschwerden über
einen Schiedsrichter häufen, müssen wir die Konsequenzen ziehen und
aussortieren." Zudem gebe es die Möglichkeit, bestimmte Referees nicht
mehr zu einem Verein zu schicken. Auch Kleemann legte den anwesenden
Spielleitern und Trainern aus dem Jura Süden ans Herz: "Gravierende
Sachen müssen wir erfahren."
Bei aller berechtigten Kritik an
Schiedsrichtern darf man auch die andere Seite nicht vergessen. Vielfach werden
die Referees gnadenlos beschimpft und beleidigt, sie sind massiven Aggressionen
ausgesetzt und sind manchmal "die ärmste Sau am Platz" (Jäger),
weil sie aus ihrem jeweiligen Blickwinkel nicht alles sehen können. Deshalb
warb Hans Jäger auch um Verständnis für die Unparteiischen, die
es nicht immer leicht haben. "Wir wissen, dass wir Fehler machen, die
Vereine müssen aber auch auf ihre Spieler und Zuschauer einwirken, dass die
Aggressionen künftig wieder eingedämmt werden."
Dass
etliche Zuschauer, Trainer und Spieler keine Kinder von Traurigkeit sind,
belegen nach den Worten von Gruppenspielleiter Kleemann einerseits die
vermehrten Sportgerichtsfälle, andererseits aber auch die aktuelle
Karten-Bilanz. Die traurige "Elite-Klasse" ist in dieser Hinsicht die
A-Klasse Süd. Obwohl noch nicht einmal die Vorrunde vorbei ist, wurden hier
schon 52 Platzverweise (14 Mal Rot, 38 Mal Gelb-Rot) registriert. Zum Vergleich:
In der gesamten vergangenen Runde waren es 62 Platzverweise.
Der frühere
Gruppen-Lehrwart Werner Huber bat darum, den Schiedsrichtern Fehlern
zuzugestehen. Gerade bei den Reserven werde oft so hartnäckig gekämpft,
dass man eigentlich nur erfahrene Referees einsetzen könne. Doch gerade
hier sollte man junge Leute an den Seniorenspielbetrieb heranführen.
Andreas Heid, Trainer des TSV Pfofeld, sagte in diesem Zusammenhang, dass man
gerade auf junge Schiris nicht losgehen dürfe. Er fordere sein Team
permanent auf, gegenüber den Schiedsrichtern ruhig zu sein und hat
insgesamt gute Erfahrungen gemacht: "Wir sind ziemlich zufrieden mit den
Referees."
Dass verstärkt der Nachwuchs zum Einsatz kommt,
hat einen einfachen Grund: "Unsere Gruppe ist überaltert", räumte
Jäger freimütig ein. Daher müsse die Gruppe Jura Süd
konsequent verjüngen. Das sei ein ganz normaler Vorgang, denn auch die
Vereine versuchen in ihren Mannschaften junge Leute ein-zubauen. Dass es gerade
die aufstrebenden Jung-Schiedsrichter nicht selten übertreiben, gab der
Obmann ebenfalls zu: "Die jungen Schiris, die in der Förderung drin
sind, sind scharf wie eine Rasierklinge und kaum zu bremsen. Was die machen, ist
uns auch nicht immer recht." Vielleicht sollten sich manche vermeintliche
Pfeifen-Talente in dieser Hinsicht den Vorschlag eines Vorsitzenden zu Herzen
nehmen: "Man kann auch gut pfeifen, ohne es sich raushängen zu lassen."
Vereine sind gefordert Alles in allem sind die Probleme auf den Fußballplätzen
nur gemein-sam zu lösen, denn Vereine und Schiedsrichtergruppe sind sich
letzt-lich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. "Wir können nur die
Schiedsrichter ausbilden und einsetzen, die die Vereine zu unseren Lehrgängen
schicken", sagte Jäger an die Adresse der Vereine. Man könnte es
auch überspitzt formulieren: Wer Pfeifen zum pfeifen schickt, darf sich
hinterher nicht beschweren.
In der Diskussion wurden auch Klagen über
zu hohe Geldstrafen von Seiten des Bayerischen Fußballverbandes laut. Da
drängt sich manchem der Verdacht auf, dass der BFV auf diese Weise u. a.
sein finanzielles Desaster mit der Sportschule Oberhaching aufarbeiten will.
Am
eigentlichen Spielbetrieb gab es keine Beanstandungen, es wurde lediglich die
Frage aufgeworfen, ob man künftig nicht im August bzw. September mehr
Spieltage einlegen könnte, um der schlechten Witterung im Winter aus dem
Weg zu gehen. Bei der jüngsten Spielleitertagung war ein derartiger
Vorschlag noch abgelehnt worden. Wilfried Kleemann will das Thema jedoch bei der
nächsten Sitzung wieder aufgreifen.
Der Fußball-Stammtisch
wird auf Grund der positiven Resonanz wohl zur regelmäßigen
Einrichtung werden. Ein- bis zwei Mal im Jahr will man in wechselnden
Sportheimen zusammenkommen, um aktuelle Themen und Probleme zu debattieren. Das
ist ganz im Sinne von Initiator Hans Jäger: "Wir wollen die
Zusammenarbeit mit den Vereinen verbessern." UWE MÜHLING
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